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10.08.2021

AfD-Klage: Kein Recht auf Wahl ins Parlamentarische Kontrollgremium

Der Verfassungsgerichtshof beschäftigt sich morgen (Mittwoch, 11. August) mit der Klage der AfD gegen den Landtag und die Fraktionen von CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FREIE WÄHLER, FDP und SPD zum Parlamentarischen Kontrollgremium – welche diese für unzulässig und unbegründet halten.



Vor dem Hintergrund der mündlichen Verhandlung der Klage der AfD-Fraktion gegen den Landtag und die demokratischen Fraktionen morgen (Mittwoch, 11. August) vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof erklären die Abgeordneten von CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FREIE WÄHLER, SPD und FDP:

Die Klage wegen der Zusammensetzung und Wahl des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) im Bayerischen Landtag ist vollkommen unbegründet. Bei der Wahl der Mitglieder steht den Fraktionen lediglich ein Vorschlagsrecht zu, jedoch kein Bestimmungs- oder Entsendungsrecht. Dies gilt auch für die AfD. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Mehrheit des Landtags Kandidierende deshalb ablehnt, weil sie fachlich entweder nicht als ausreichend kompetent, integer oder verschwiegen erachtet werden. Alle Abgeordneten sind bei ihrer Entscheidung frei und nur ihrem Gewissen unterworfen. Die Wahl ist geheim und muss nicht begründet werden.

Hintergrund: Das PKG hat die wichtige Aufgabe, den Verfassungsschutz sowie die Maßnahmen zur Wohnraumüberwachung zu kontrollieren. Dabei werden vertrauliche, sicherheitsrelevante Informationen ausgetauscht. Die Kandidierenden, welche die AfD-Fraktion ins PKG entsenden wollte, konnten in allen Wahlgängen nicht die erforderliche Stimmenzahl auf sich vereinen. Daher ist das PKG aktuell nur mit sechs Mitgliedern besetzt. Normalerweise bestünde das Gremium aus sieben Mitgliedern, die zu Beginn jeder neuen Wahlperiode vom Landtag aus seiner Mitte gewählt werden. Doch auch mit sechs Mitgliedern ist das Parlamentarische Kontrollgremium voll funktions- und beschlussfähig.

Tobias Reiß, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Fraktion: „Eine Partei, die selbst kurz davorsteht, vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft zu werden, ist für uns als Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium schwer vorstellbar. Alle bisherigen Kandidaten waren für mich jedenfalls unwählbar.“

Thomas Gehring, Vizepräsident des Bayerischen Landtags, Mitglied im Fraktionsvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Die Wahl ist frei. Kein Mitglied des Landtags kann dazu verpflichtet werden, einen Kandidaten zu wählen, dem es nicht vertraut und den es für fachlich oder menschlich ungeeignet hält, die ihm zugewiesene Verantwortung zur Kontrolle des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutzes auszuüben.“

Kerstin Radler, stellvertretende Vorsitzende der FREIE WÄHLER-Fraktion: „Innerhalb des Bayerischen Landtags nimmt das Parlamentarische Kontrollgremium eine besondere Stellung ein. Daher können für diese verantwortungsvolle Aufgabe nur Abgeordnete gewählt werden, die das Vertrauen der Mehrheit in ihre Integrität und Verschwiegenheit genießen. Die bisherigen Wahlgänge belegen allerdings sehr deutlich, dass dem Parlament dieses Vertrauen in die vorgeschlagenen Kandidaten der AfD-Fraktion offensichtlich fehlte.“ 

Horst Arnold, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion: „Die Wahl zum Kontrollgremium ist und bleibt ein durch und durch demokratischer Vorgang im Parlament. Gerade die konkreten Erfahrungen mit der AfD im Bayerischen Landtag sind beste verfassungsrechtliche Gründe für die Mehrheit der Abgeordneten, in diesem hochsensiblen wichtigen Bereich nicht ,den Bock zum Gärtner‘ zu wählen.“

Alexander Muthmann, stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender: „Dass einzig die Kandidaten der AfD in einer geheimen Wahl nicht die notwendige Unterstützung gefunden haben, sollte für die AfD kein Grund zum Klagen, sondern einer zum Nachdenken sein.“

Darüber hinaus halten die Fraktionen von CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FREIE WÄHLER, SPD und FDP die von der AfD gewählte Verfahrensart der Klage für unzulässig. Hier handelt es sich um eine sogenannte Meinungsverschiedenheit (Art. 75 Abs. 3 BV). Diese hätte jedoch im parlamentarischen Verfahren konkretisiert zum Ausdruck gebracht werden müssen, was zu keiner Zeit geschehen war. Darüber hinaus kennt weder die Bayerische Verfassung noch das Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VfGHG) den von den Antragstellern bemühten Normenbestätigungsantrag. Dasselbe gilt auch für den gestellten Hilfsantrag.